Literatur gegen das Vergessen

Eduard-Stieler-Schule und Ulenspiegel präsentieren Literatur zum Holocaust
Von Hugo Zentgraf

„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“, heißt es im Epilog von Bertolt Brechts Drama „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“.
Wie soll man umgehen mit dem Holocaust nach 75 Jahren? Wie soll man sich verhalten angesichts weltweit immer deutlicher zutage tretender antiliberaler, antisemitischer und revisionistischer Tendenzen in der politischen Öffentlichkeit?
Nun, einen Beitrag dazu, demokratisch-aufgeklärte Kontrapunkte zur Gleichgültigkeit und Relativierung eines der größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte, das in deutschem Namen von deutschen Tätern begangen worden ist, zu setzen, will der Literaturkurs in der Jahrgangsstufe 12 des Beruflichen Gymnasiums der Eduard-Stieler-Schule leisten. Der Kurs fungiert unter dem Thema „Kunst und Literatur zum Holocaust“ und stellte sich am 20. Februar 2019 in Kooperation mit der Buchhandlung „Ulenspiegel“ der Öffentlichkeit.
Im Kulturkeller des Vonderau-Museums in Fulda, der für diese Veranstaltung einen sehr würdigen Rahmen abgab, präsentierten die Schülerinnen an diesem Abend Eindrücke aus den literarischen Werken, die sie sich im Rahmen des Literaturkurses erschlossen hatten. Sehr einfühlsam und mit viel Gespür für die Texte lasen sie nach einer kurzen Einführung Passagen aus Friedrich Dürrenmatts „Der Verdacht“, Aleksandar Tišmas „Kapo“, Hans Falladas „Jeder stirbt für sich allein“, Marcel Reich-Ranickis „Mein Leben“, Jurek Beckers „Jakob der Lügner“, Peter Weiss’ „Die Ermittlung“ und aus Marek Halters „Auf der Suche nach den 36 Gerechten“.
Die Art und Weise der Vorträge legte ein beredtes Zeugnis von der intensiven Auseinandersetzung der Schüler mit den dargebotenen Werken ab, und keiner der Anwesenden konnte sich an diesem Abend der beklemmenden Atmosphäre entziehen, die durch die Texte entstand. Jedem Zuhörer wurde klar, welch eminente Bedeutung der Literatur in der Vermittlung der Erinnerung an den Holocaust zukommt: Weil uns die Zeitzeugen sukzessive wegsterben, ist es umso dringlicher erforderlich, das Andenken an die Opfer und das Identifizieren der Täter fortzuführen. Keine andere Instanz als die Kunst kann hier so emotionale, personifizierte und von der Nüchternheit der Statistik der Historiografie emanzipierte Einblicke in den Zivilisationsbruch des 20. Jahrhunderts leisten.
Die gesamte Organisation des Abends – von der Anmietung des Saales, über die Finanzierung, das Verfassen der Flyer, die Zubereitung der Häppchen bis zur Moderation – lag in den Händen des Literaturkurses, und der hätte sich ein wenig mehr Zuspruch und ein wenig mehr Wertschätzung der Auslagen des „Ulenspiegels“ gewünscht.

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